Paläo ist gerade so richtig Trend. Immer mehr sprechen von der ursteinzeitlichen Ernährung. In jedem Buchladen läuft man an neuen Paläo-Werken vorbei, die mit Slogans wie „Food your body is designed to eat“ werben.

Klingt überzeugend, ebenso wie das zu Grunde liegende Konzept:

Ernähre dich mit dem, was deinen ursteinzeitlichen Vorfahren schon zu Verfügung stand – denn für die Verdauung dieser Lebensmittel ist dein Körper geschaffen, so das Credo. Essentiell sind dabei Gemüse, Kräuter, Nüsse, Saaten, Beeren, hochwertige Öle und Fette und vor allem: Fleisch, Fisch und Eier. Letztere sind für eine ausreichende Versorgung mit Eiweiß wichtig – denn pflanzliche Eiweißlieferanten, wie Soja, weitere Hülsenfrüchte und auch jedwedes Getreide sind tabu. Bei Milchprodukten scheiden sich unter Paläo-Anhängern die Geister, weil viel über Sinn und Unsinn einer Ernährung ohne Milch diskutiert wird.

Sind Milchprodukte für eine Paläo-Ernährung geeignet?

Eine essentielle Frage, wenn man einen Punkt der Paläo-Ernährung in Frage stellen möchte: Muss der Verzehr von so viel Fleisch sein? Kaum ein Paläo-Rezept ohne Fleisch und Fisch. „Ein Wunder, dass nicht auch noch die süßen Backrezepte Fleisch enthalten“, bemerkte kürzlich erst ein Gast in unserem Café nach kurzem Blättern in Paläo-Rezeptbüchern. Und er hat Recht! Unseren ursteinzeitlichen Vorfahren wird wohl kaum täglich und massenweise Fleisch zur Verfügung gestanden haben. Es ist viel realistischer, dass ein bis zwei Mal pro Woche Fleisch verzehrt wurde, ab und zu auch mal Fisch. Und ansonsten eher vegetarische Kost auf dem Speiseplan stand. Eigentlich bereits ausreichend für eine gute Versorgung mit hochwertigem Eiweiß und Vitaminen, wie B12, vor allem, wenn zusätzlich Eier konsumiert werden. Fügt man ausgewählte Milchprodukte hinzu, ist eine hervorragende Versorgung sogar bei weniger Fleischkonsum sichergestellt.

Die Realos

Diesen Gedanken im Sinn, machte ich mich also auf die Suche nach Paläo-Rezepten, die Milchprodukte erlauben und stieß dabei auf die interessante Gruppe der sogenannten „Realos“. Realistisch mit der Ernährung umzugehen klingt schon per se vernünftig – und ebenso vernünftig erscheint auch der Umgang der Realos mit der Paläo-Ernährung: Nicht stark industriell verarbeitete, unpasteurisierte Milchprodukte, wie Rohmilchkäse, bereichern den Speiseplan der Realos.

Bei meinen Recherchen stolperte ich über einen ungemein spannenden Fakt, der von der Lebensmittelindustrie gerne unter den Teppich gekehrt wird:

Durch die Pasteurisierung der Milchprodukte – und in gängigen Supermärkten ist fast nichts anderes als pasteurisierte Ware zu bekommen – werden nicht nur unliebsame Keime, sondern auch ein Großteil der Vitamine, die natürliche Struktur des wertvollen Eiweißes und die allergiehemmenden Inhaltsstoffe zerstört.

Und nicht nur das: Naturbelassene Rohmilch enthält Laktase – das wichtige Enzym, das bei der Verdauung der Milch einen wesentlichen Beitrag leistet und bei Menschen mit Laktoseintolleranz nicht ausreichend im Verdauungssystem vorzufinden ist. Wie naheliegend ist da der Gedanke, dass die industrielle Pasteurisierung aller Milchprodukte, die wir täglich zu uns nehmen, großen Anteil an der so plötzlich wachsenden Zahl laktoseintolleranter Menschen haben kann.

Natürlich sind pasteurisierte Milchprodukte wunderbar sicher für den Konsumenten, so herrlich keimfrei, dass es eine glatte Freude sein könnte. Aber zu welchem Preis? Um dann Vitamine und in laktosefreien Produkten auch noch Laktase wieder künstlich zuzusetzen, wie es viele Hersteller tun? Dabei bietet auch schon eine regelmäßige, unabhängige Kontrolle unter Beachtung der strengen Hygienevorschriften der Europäischen Union große Sicherheit beim Verzehr von Rohmilchprodukten, wie Rohmilchkäse. Vorausgesetzt sie werden nicht während der Schwangerschaft, von Säuglingen oder Kleinkindern verzehrt, denn ein Restrisiko ist auch bei zuverlässiger Kontrolle nicht ganz auszuschließen. Alle, denen Rohmilchprodukte am Herzen liegen, werden in Fachgeschäften fündig, wie Käse- und weitere Feinkosthändler oder ausgewählte, geprüfte Bauernhöfe in der Region.

Der Ansatz der Paläo-Realos, industriell wenig verarbeitete Milchprodukte in Maßen dem Speiseplan hinzuzufügen, inspiriert mich nicht nur – der Ansatz gibt mir auch das Gefühl, meinem Ziel, Essen zu finden, das wirklich glücklich macht, noch ein Stückchen näher zu kommen. Und bietet vor allem die Möglichkeit, eine breite Palette an vegetarischen Rezepten zu entwickeln, die dem Realo-Paläo-Konzept folgen. Also: Yes! Paläo can go veggie.

Das passende Rezept: Lieblingssoße! Special-Guests: Mrs. Kohlrabi & Mr. Möhre. Ich lüfte das Geheimnis um die beliebte Frischkäse-Sauce und zeige, wie sie auch Veggie-Paläo-Style mit Rohmilchprodukten oder vegan zubereitet werden kann.

Denn jeder Ansatz, den ich bisher ausprobiert habe – sei es die vegane Ernährung, die fleischlastig-milchfreie traditionelle Paläo-Ernährung oder der offenere Paläo-Realo-Ansatz. Sie alle hatten ihre Vorteile und immer auch einen positiven Effekt auf das allgemeine Wohlbefinden. Als Flexotarier, der sich gerne die Freiheit beibehalten möchte, je nach Bedarf zwischen den verschiedenen Ernährungsformen zu wählen, bleibe ich daher dabei, meine Rezepte für alle Ansätze tauglich anzulegen: Sei es vegan, vegetarisch, Paläo, Paläo-Realo. Und, na klar, regional, saisonal, bio, versteht sich. Damit sich alle einfach glücklich essen.

Weiterführende Links zum Pro & Contra von Rohmilch:

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/essen-trinken/rohmilchkaese-kampf-der-kulturen/1282532.html

http://www.spektrum.de/news/die-rohmilch-machts/1184008

https://www.uni-muenchen.de/forschung/news/2014/loss_rohmilch.html

http://www.zentrum-der-gesundheit.de/rohmilch.html

http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/unbehandelte-milch-roh-und-riskant-1.970254

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